... und ewig lockt:
La France...



  
NORDFRANKREICH (1)

 
   

Wieso wir die Idee hatten, unsere Jungfernfahrt nach Frankreich zu machen, mag einem ja noch einleuchten: Frankreich ist groß, Frankreich ist schön, Frankreich ist tolerant, Frankreich ist camperfreundlich - Frongraisch ist einfach 'camper-ideal'!
Was uns aber bewogen hatte, nur Küstenstraßen fahren zu wollen, das kann nur blanker Übermut gewesen sein. Die teilweise fast einspurig eng wirkenden Sträßchen und die oft dicht am Straßenrand stehenden Bäume forderten denn auch "den ganzen Mann" am Volant.
Spannend war diese Fahrt auch schon deshalb, weil ich seit Zeiten bei der Bundeswehr (wo ich 1964 meinen LKW-Führerschein machte) nicht mehr am Steuer eines 2,50 m breiten und fast 3,30 m hohen Autos gesessen hatte.
Und jetzt waren wir mit einem (was heißt "einem": unserem!) weitaus empfindlicheren "LKW" auf engsten Sträßchen unterwegs, an denen die viel zu weit ausladenden Äste der viel zu nah am Straßenrand stehenden Bäume nur darauf lauerten, unser schönes Fahrzeug in einem Augenblick von Unachtsamkeit zu demolieren.

...zwischendurch gab es aber auch entspannte Momente!

Trotz dieser Widerwärtigkeiten gelangten wir heil nach Calais, dort steuerten wir natürlich sofort den Hafen an. Na ja - Calais selbst ist nicht sonderlich auf Touristen eingerichtet, aber am Hafen kann man tagsüber ganz gut stehen, sich vor allem den Fährbetrieb anschauen und zu Fuß zur "Abflugstelle" der Hovercraft spazieren; immer hübsch am Wasser bleiben, dann kann man die "Einflugschneise" gar nicht verfehlen!
Mit großer Wahrscheinlichkeit kommt dann ein Jeep mit einem aufgeregten Uniformierten angesaust, der einem klar macht, dass man sich dort nicht aufhalten darf. Du sagst brav "okay", gehst ein paar Schritte weg und schaust dir das Spektakel aus sicherer und doch geringer Entfernung an.
(Heute gibt's, soweit ich weiß, keine Hovercrafts mehr, wegen des Tunnels.)

In unserer anfänglichen Naivität wollten wir auf einem riesigen Parkplatz abseits vom Hafen übernachten und stellten uns brav an einer Seite des Platzes so hin, dass wir niemanden störten und auch nicht unnötig auffielen.

Als dann aber so gegen ein Uhr alle Lampen, die den Platz bis dahin in ein helles und freundliches Licht getaucht hatten, schlagartig erloschen und sich der Platz in finsterste Dunkelheit hüllte, und als kurze Zeit danach Autos ohne Beleuchtung langsam über den Platz rollten, hier und da anhielten, der eine oder andere Lichtschein auf ein paar finstere Gestalten fiel, Autotüren leise klappten - nee! da war es um unsere Selbstbeherrschung geschehen, wir warfen den Motor an und rollten auf einen belebten, aber dafür hell erleuchteten PKW-Parkplatz in der Nähe der Fähren, wo wir den Rest der Nacht verbrachten.



am Cap Blanc-Nez mit Ulla und Schwieger-Magda

 
Von hier aus bis zum Cap Blanc-Nez war es am folgenden Morgen nur ein Katzensprung. War das eine Freude für unsere Vierbeiner, auf den großen Wiesen oberhalb der Steilklippen nach Herzenslust nach  Schmetterlingen zu jagen! Nur aufpassen, dass sich keiner von ihnen im Eifer des Gefechts hinter so einem Gaukler in die Tiefe stürzte!

Die Aussicht von da oben ist super - wenn das Wetter mitspielt; du kannst von dort bis nach Dover sehen und auch die Schnellfähre, die zwischen Calais und Dover verkehrt, eine ganze Zeitlang mit dem Fernglas verfolgen. Ist sowieso ziemlich viel Verkehr in dieser Engstelle zwischen den beiden  benachbarten Ländern.

 
Hinter Calais und den beiden Caps folgt nach Westen (richtiger: nach Süden) eine Reihe bekannter und beliebter Badeorte: Boulogne-sûr-Mer, Le Touquet-Paris-Plage, Berck-Plage, und dazwischen liegen noch ein paar andere. Sie haben uns allesamt nicht sonderlich gefallen: zu viel Trubel, zu geschäftig, und für unsere "freiheitsliebenden" Hunde nicht geeignet. Aber auch wir lieben mehr die Ruhe und Abgeschiedenheit.

Da kam uns die Mündung der Somme wie gerufen (auf der Karte ganz unten links)! Dieser bei uns nicht allzu bekannte Fluss mündet in einem riesigen Delta ins Meer, das hier ja  korrekt "Ärmelkanal" heißt.

Das Meer zieht sich bei Ebbe kilometerweit zurück und macht einer riesigen Landfläche Platz, die zu weiten Spaziergängen einlädt. Aber Vorsicht: Zu Flutbeginn kommt es mit einem unglaublichen Tempo zurück! Daher hat man bei le Hourdel, das ist die Spitze einer Landzunge am südlichen Mündungsufer der Somme, eine Rettungsstation eingerichtet und einen Hubschrauber stationiert, der fast regelmäßig ausrückt, um in Seenot geratene Wanderer zu retten.



Als wir 1995 zum ersten Mal "am Hourdel" waren, konnten wir mit unserem Baby so weit auf die Landzunge hinausfahren, dass man bei Flut das Gefühl hatte, auf einer winzigen Insel zu stehen.
Ein oder zwei Jahre später standen dort Verbotsschilder für WOMOs. Warum? Das ist immer das Gleiche:

Du findest einen tollen Platz, und kaum stehst du richtig, kommt das nächste Wohnmobil und stellt sich in sicherer Entfernung neben dich. Das findest du ok, denn irgendwie verstärkt es in einem das Gefühl der Sicherheit. Nach einem oder zwei Tagen fährst du weiter, nicht ohne dir in der Karte einen Vermerk zu machen, damit du nicht versäumst, bei nächster Gelegenheit wieder dort eine Pause einzulegen.

Aber irgendwie scheint sich der tolle Platz rumgesprochen zu haben, denn wenn du wieder vorbeikommst, stehen dort so viele Mobile, dass du glaubst, dort sei ein WOMO-Markt.

Nun gibt es, statistisch gesehen, unter 10 Mobilisten ein Ferkel, das seine Abwässer einfach in die Gegend laufen und zum Abschied noch ein paar Plastiktüten mit Abfall zurück lässt. Sprichst du dieses Ferkel an und weist darauf hin, dass sein Verhalten auf alle anderen mit zurück fällt, kriegst du in der Regel noch freche Antworten oder - je nach Herkunft und Mentalität - gar einen Satz heiße Ohren angedroht.
In solchen Momenten wünschte ich mir, zumindest eines meiner Hündchen wäre ein Dobermann oder so, der mit Leichtigkeit einen A...utoreifen zerbeißen kann. Man kriegt da halt die seltsamsten Gedanken :-{ .

So war das WOMO-Verbot am Hourdel also nur eine Frage der Zeit. Schade.




zwischen Calais und der Somme-Mündung
 


Le Touquet-Paris-Plage war einst  d e r  mondäne Badeort der Pariser. Heute ist es ein ziemlich quirliger Urlaubsort for everybody.

Die Gegend um die Mündung der Somme ist dagegen ruhig, viel unberührte Natur wechselt ab mit ausgesprochen sehenswerten Orten wie le Crotoy (das kann sich rühmen, den einzigen Strand nach Süden zu haben), St. Valéry und Bayeux.

Die meisten dieser Örtchen sind auf Reisemobilisten nicht so richtig eingestellt; klar, du kannst ein- zwei Tage dort irgendwo stehen (wie bereits gesagt: die Franzosen sind tolerant) und dir alles Sehenswerte in Ruhe anschauen, aber dann wirst du deine Siebensachen packen und weiter fahren. Warum auch nicht - es gibt ja noch eine Menge mehr zu sehen, die nordfranzösische Küste ist lang und ausgesprochen abwechslungsreich.



Fortsetzung...