Entlang dem 33. Breitengrad

Les tres reyes

Die hl. 3 Könige

 

 

 

 

Und während sich der Tag dann doch noch mit einem schönen Sonnenuntergang verabschiedet, fiebern tausende von Kindern dem morgigen Vor-Dreikönigstag entgegen.

Am 5. Januar werden in den meisten spanischen Städten Straßenumzüge veranstaltet. Das Ganze heißt ‚Cabalgata de Reyes Magos’ (Umzug der Heiligen Drei Könige). Dabei treten die 3 alleinstehenden Herren (Waisen oder/und Weisen?) aus dem Morgenland auf und überreichen den Kindern Geschenke.

 


Dass diese Geschenke nicht schon zu Weihnachten verteilt werden geht auf die Berechnung zurück, dass das Christuskind zwar am 24. Dezember geboren worden sein soll, die Hl. 3 Könige aber auf ihren Dromedaren (damals gab's halt noch kein Ryan Air & Co.) erst am 6. Januar eintrafen, um das Kind mit Gold, Weihrauch, Myrrhe und so zu beschenken.
Da für uns der 5. Januar überhaupt keinen besonderen Tag darstellt, außer der Jahresbeginn inzwischen 5 Tage her ist und die meisten daher wieder nüchtern sind, bin ich einigermaßen überrascht, als ich eine Menschentraube auf dem sonst eher menschenleeren Landungssteg des kleinen Hafens von El Rompido sehe.

 



Neugierige auf dem Bootssteg

 

Entweder ist da einer ins Wasser gefallen und wurde, wenn überhaupt, noch soeben gerettet - aber dafür stehen die da zu ruhig rum - oder da ist was andres im Busch.
Noch hab ich keine Ahnung, denke auch nicht an die Besonderheit des 5. Januar; und da ich heute nichts Besonderes vorhabe, schlendere ich mit meiner Camera die Straße entlang Richtung Hafen.






I
mmer wieder zeigt jemand mit ausgestrecktem Zeigefinger aufs Wasser, bis auch ich das Boot entdecke, das jetzt laut tutend näher kommt.

Drauf stehen drei oder 4 Leute, bunt gekleidet, eine große spanische Flagge ist gehisst.
Ich hab wirklich eine lange Leitung, denn ich hab keine Ahnung, was da abgeht.

 

 

 

 

 

 

 

Dann endlich hab ich's gerafft:

Die Heiligen 3 Könige kommen per Boot, weder zu Fuß, noch per Auto, geschweige per Dromedar.

Beim Näherkommen entdecke ich, dass es 4 sind. Einer  ist, wie ich erfahre, der Bootsführer; der hat sich, um nicht so aus dem Rahmen zu fallen, ebenfalls verkleidet.
Aber ich krieg nicht raus, wer von den Dreien 'Unheilig' ist - alle 4 werfen nämlich mit Bonbons um sich.

Die Herren gehen während des Kamellenwerfens gemessenen Schrittes und umringt von einer Traube großer und kleiner Menschen, Richtung Festland.



seltsam gekleidete Leute auf einem Boot

 



die heiligen 3 Könige mit Madonna und Chauffeur


 



auch die großen Kinder kriegen was ab


 



ich bin auch gleich an der Reihe


 

Ob dieser scheichartige Mensch einer aus dem Morgenland ist, oder ob er der Käpt'n des kleinen Bootes ist, finde ich nicht raus.
Die königliche Großzügigkeit, mit der er Bonbons an Groß und Klein verteilt, lässt mich eher Ersteres vermuten.

Auch ich krieg von ihm mein Fett weg, er verwöhnt mich mit einem extra dicken runden eingepackten Etwas. Da ich die spanischen sweeties nicht auf meiner Speisekarte habe, mach ich umgehend damit ein spanisches Kleinkind glücklich. Zumindest widerspricht es mir nicht, sondern freut sich samt Mami darüber.


Irgendwann sind die 4 mit ihrem mindestens 100köpfigen Gefolge an Land, dort steht ein kleiner runder Tisch, beladen mit einigen Flaschen und Gläsern.

Das ist das Geschenk der Gemeinde an die Heilige Crew.

Die Jungs haben auch einen Durst! Immer wieder heben sie die Gläser und prosten einem der Sponsoren zu. Hopp-hopp-rin-in'n Kopp...

Das geht so eine ganze Weile, die 4-köpfige Mannschaft wird immer lockerer, und irgendwann kommt der Moment, wo sie ihr süßes Pulver verschossen haben, langsam abdrehen und sich wieder Richtung Boot begeben.

Ihr Gang ist schon deutlich seemannsartiger, sie versuchen immer wieder, die wechselnde Schräglage auf dem Steg, die es gar nicht gibt, auszugleichen.

Das Besteigen des Bootes fällt ihnen deutlich schwerer als das Aussteigen, irgendwie aber sortieren sie sich, dann startet der Motor und das Boot setzt sich in Bewegung.

Und auch die große Menschenschar beginnt sich zu lichten, die ersten Autos fahren weg.



die Trinkfesten aus dem Morgenland bei der Arbeit


 

Während Ulla und ich wieder Richtung BABY gehen hören wir, dass der Motor der heiligen Arche zu stottern anfängt, dann geht er aus, wird wieder gestartet, geht wieder aus. Dabei treibt das Boot quasi steuerlos flussabwärts.

Als sich das mehrmals wiederholt, mach ich mir doch Sorgen, dass das Boot havarieren könnte zumal die drei vielleicht außerstande sind, übers Wasser zu gehen wie ihr großes Vorbild.

Ich begreife nicht, dass da am Hafen keiner reagiert, alle sind mit sich selbst und ihren süßen Wurfgeschossen beschäftigt. Auch das Hupen des Bootes ignorieren alle. Während die 4 auf dem Boot vielleicht schon in Panik geraten.

Also mach ich am BABY wieder kehrt und eile die 400 m zurück zum Steg.
Da ist immer ein Mann, den hab ich ja schon erwähnt, der karrt die Leute zu und von ihren Booten, die auf dem  Wasser ankern.
Ulla und ich nennen ihn unter uns "Hafenmeester".


Ich finde ihn auch sofort, denn er ist mit Irgendwas auf seinem Boot beschäftigt. Ich mach ihm in meinem besten Spanisch klar, dass die heiligen Männer in Seenot seien und man ihnen helfen müsse. Er wird trotz meiner eindringlichen Worte nicht etwa schneller oder gar hektisch. Im Gegenteil: Er macht in aller Ruhe seine Arbeit zu Ende und wirft erst jetzt einen beiläufigen Blick Richtung hl. Boot. Dann grinst er und macht die typische Handbewegung, mit der man sich ein Bier einverleibt.
Soll heißen: "Denen fehlt nix, die Jungs haben einen im Kahn!"

Dann macht er eine einladende Handbewegung, ich steige zu ihm ins Dienstboot und wir tuckern gemeinsam zu dem Havaristen. Dort geht ein wirres spanisches Hin und Her los, dann schauen mich die 4 an und fangen gleichzeitig an zu lachen. Sie finden meine Sorge um ihr körperliches Wohl nett bis rührend - und schon hab ich ein randvolles Glas in der Hand als Dank für meinen Rettungsdienst. Und alle trinken mit, mehrmals...

Na ja, so hab ich doch wenigstens neue Freunde gewonnen!

 

 

So feiern auch wir zu späterer Stunde das Fest der geretteten tres reyes mit einem anständigen Feuerwerk.

 

 

 

 

 

===> Vila Real do S.A. und Altura