Winterdienst? Nein Danke!!


 

Sagres


 

   
Der Wind bläst uns bei unserer Abfahrt voll ins Antlitz, er kommt von Westen, und da wollen wir hin.
Das Gespann Gerhard/Günter ist bereits los gefahren nach Aljezur, die Batterien im EURA von Gerhard und Helga spielen einfach nicht mehr mit.

Ulla und ich lassen es gemütlicher angehen und trödeln weiter westwärts an der Küste entlang bis nach Boca do Rio.

 

Hier ist es diesmal überhaupt nicht gemütlich, wir können nicht mal sagen, was uns genau stört, aber es gefällt uns einfach nicht; so bleiben wir nur die Nacht und fahren am nächsten Tag weiter nach Sagres.

Da gefällt es uns! Es bläst weiterhin kräftig, aber die Sonne scheint.
Wir sind zwar zum wiederholten Mal hier, aber jedesmal bist du von diesem Küstenabschnitt erneut fasziniert.

 


die schnurgerade Straße zum Fort Fortaleza de Sagres; links der große Parkplatz

 

Der riesige Parkplatz links der kerzengeraden Straße, die zum Fort Fortaleza de Sagres führt, ist fast leer, eine knappe Handvoll WOMOs döst an den Rändern vor sich hin.

Wir stellen uns dazu.

Die Neugier hat mich, ich will mal gucken, wie es hier herum aussieht, denn auf diesem Platz haben wir bislang noch nicht gestanden.
An einem kleinen massiven Häuschen am Ende des Platzes sehe ich, wie einer sein Porta Potti in eine dafür vorgesehene Öffnung gießt. Entsorgung geht also.
Einen Wasserhahn sehe ich aber nicht.

Ich mache mich mit der Kamera auf den Weg, vielleicht finde ich ja das eine oder andere lohnende Motiv.

Noch bevor ich den steilen Hang runter zum Wasser gehe, sehe ich drüben - sicher 4 oder 5 km entfernt - den südwestlichsten Punkt Europas, das Cabo de São Vicente mit dem dazugehörigen Leuchtturm. Der westlichste Punkt Europas liegt zwar ebenfalls in Portugal, aber weiter nördlich - irgendwo in der Nähe von Lisboa, also Lissabon.
 

Von hier aus kannst du ganz gut sehen, wie hoch die Steilküste hier ist, das sich sicher um die 70-80 m.
Die Küste hier ist, im Gegensatz zur östlichen Algarve, schroff und unzugänglich; im Mittelalter ganz nützlich, denn Seeräuber kamen hier nur an ganz wenigen Stellen an Land.
Aber schon viel früher waren Kelten, Phönizier, Römer, Griechen und Christen hier - allen war diese Gegend heilig. Von allen findest du Hinterlassenschaften in Form von Menhiren, Megalithen, Töpfereien, Brennöfen, Tempelruinen...

 



da unten will ich noch hin, wenn es der Weg zulässt


 

Beim Blick schräg zurück sehe ich das Fort Fortaleza, von dem ich weiß, dass es die ganze Landspitze einnimmt. Du kannst auf dem Plateau herumwandern und entdeckst dauernd Neues.

Es gibt dort Löcher im Boden, notdürftig abgesichert, damit da keiner reinfällt; und wenn dein Hund oder gar dein Kind seine Nase zu tief dort hineinsteckt und abrutscht,  landet er oder es -zig Meter tiefer im schaurig brausenden Meereswasser.
Ob das die WCs oder gar Bidets aus vergangenen Jahrhunderten waren?
Schon der Gedanke - Uuuaaah...



beim Blick zurück kann ich die Mauern des Fort Fortaleza erkennen


 



in diesem Einschnitt komme ich weiter runter ans Wasser


 

Egal wo du stehst, der Ausblick auf die Küstenlandschaft ist immer grandios.

Da hinunter solltest du einen sicheren Tritt haben und beim Staunen und beim Fotografieren auf jeden Fall ruhig stehen.

Im Anschluss an meine kleine Exkursion fahren wir kurz hinüber zum Leuchtturm. Den am weitesten südwestlich in Europa gelegenen Leuchter kennt man gewöhnlich nur von der Landseite her. Wer hat auch schon die Gelegenheit, ihn samt den renovierten Bauten aus der Luft zu bewundern; ich auch nicht, und deshalb habe ich dieses Foto mit Genehmigung des Autors übernommen.

Das Leuchtfeuer soll das hellste Europas sein und an die 60 km weit reichen. Da denkt man unwillkürlich, die Birne müsste so groß sein wie ein Heißluftballon. Ist sie nicht, sie hat nur lächerliche 1500 Watt. Die eigentliche Leuchtarbeit erledigt der Spiegel, er hat 3 m Durchmesser. Aber im GPS-Zeitalter spielt das Lichtsignal keine so bedeutende Rolle mehr, drum hat man die Leuchtreichweite auch gedimmt, sie soll jetzt "nur" noch ca. 20 Kilometer betragen.

Links der Straße steht hinter dem Bus und dem grauen Wagen eine Bude mit Wollartikeln. Da landen wir jetzt gleich.

 



Luftaufnahme des Leuchtturms am Cabo de São Vicente von der Seeseite (Foto: Dr. G. Schmitz, 2006)


 

Der ältere Mann an dem Stand macht lebhaften Umsatz; kein Wunder: Meist zieht es hier am Cabo wie Hechtsuppe, und auch jetzt im ausgehenden Winter bist du in einem dicken Pullover gut aufgehoben.

Wir stöbern in den Stapeln Wollsachen herum, und immer wieder geht der gute Mann in seinen Wagen und holt weitere hervor.
Er spricht erst mit uns englisch, und als er merkt, dass wir aus D sind, spricht er mit uns in unserer Heimatsprache. Etwas gebrochen, aber 100x besser als wir jemals portugiesisch könnten.



Zwei Buden hinter der "Letzten Bratwurst vor Amerika": Warme Anziehsachen aus Schafwolle


 



bezahlt wird auch am südwestlichsten Punkt Portugals per Karte


 

Am Ende unseres Einkaufs haben wir mal wieder mehrere Tüten, in einer davon ist mein neuer richtig dicker Pullover aus reiner Schafwolle, made in Portugal.
Das hat uns der Mann vom Stand hoch und heilig versichert. Entsprechend groß ist meine Vorfreude.
Und: Der Schafwollene kostet ganze 30 Euronen!

Da unser Einkauf größer ist als geplant, will ich schon aufbrechen, um Bares zu holen. Doch der Mann überrascht uns ein weiteres Mal, kramt zwischen wollenen Pullovern, Mützen und Stolas eine Plastiktüte hervor, aus der pellt er umständlich ein Lesegerät, kriegt das sogar zum Leben erweckt, und wir können mit Karte bezahlen.

Das kann ich mir in D nun gar nicht vorstellen..
 
Zum krönenden Schluss noch die obligatorische Thüringer Bratwurscht bei Wolfgang und Mitarbeitern, dann fahren wir weiter nach Amoreira.

Günter und Erika sind bereits da, und Gerhard und Helga wollen ebenfalls dort auftauchen, sobald deren Gefährt mit neuen Batterien versorgt ist.
   
 

===> Amoreira