Der
fast regenfreie Langzeiturlaub |
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Dass
unsere Route 2011 Richtung Süden mal ganz und gar anders verläuft als
sonst - der Grund sitzt oben rechts: Yago, ein schnuckeliger Spross unserer bezaubernden Hündin Joleen, soll zu seinen neuen "Eltern", und die wohnen in Nordspanien. Sie sind Engländer, wir kennen die beiden seit langem, und da sie sich einen Spielgefährten für ihre ältere Cavalierhündin wünschten, hatten sie uns im Vorjahr besucht und sich gleich in unsere Cavaliere verliebt. So war ziemlich schnell klar, dass sie beim Klapperstorch einen Welpen bestellten. Wir wollen es uns nicht nehmen lassen, den Kleinen persönlich dort zu übergeben und uns gleich dabei sein neues Heim anzusehen.
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Folgerichtig führte diese Überlegung bei Ulla und mir zu einer Reiseroutenänderung, aber so was ist uns ja nicht fremd - im Gegenteil: Wir lieben es, anders zu fahren als sonst. Nur so lernst du neue Gegenden und Menschen kennen. Wir fahren also wie gewohnt durch Luxemburg, investieren dort ordentlich in die Sprit und beschließen, in mehr oder weniger südwestlicher Richtung diagonal durch Frankreich zu fahren: Metz - Saint-Dizier - Troyes - Orleans - Tours - Poitiers - Angoulême - Bordeaux - Bayonne - San Sebastian. |
Stellplatz in Beaugency hinter Orleans |
Frankreich, da sind wir
uns immer einig, ist eigentlich an jeder Ecke sehenswert und lädt überall zu
einem stressfreien Aufenthalt ein. |
Erst mal genießen wir die Landschaft, die Reise führt uns fast stundenlang entlang der Loire, natürlich entdecken wir dabei auch wieder einige Schlösser, die uns noch von früheren Reisen bekannt sind.
Heijei, und dann erwischen dich die Pyrenäen doch noch! Die Autobahn von San Sebastian nach Westen über Bilbao und Santander lehrt unser BABY und uns das Fürchten. Steigungen, die wir von unseren Autobahnen nicht gewöhnt sind, wechseln mit 8- und zuweilen 10%igem Gefälle ab. |
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Die nordspanische Landschaft
unterscheidet sich wohltuend von der, die der typische Spanientourist
ansonsten kennt. Und das Wetter ist auch ganz anders. Wir waren ja schon vorgewarnt, dass es hier oben an der nordspanischen Küste gern mal regnet, aber du glaubst es erst, wenn die Scheibenwischer sich stundenlang abrackern. Zeitweise ist es so neblig-trüb, dass man sich im Oberbergischen wähnen könnte. Aber da sind die Berge nicht annähernd so hoch wie die Fortsetzung der Pyrenäen. Das wird aber nicht ewig so bleiben. |
Unser Ziel für heute heißt
"Mutriku". Das ist weder eine chinesische Reistafel noch ein online- Brettspiel. Wir sind im Baskenland, da spricht man für uns ziemlich unverständlich. Dieser kleine und sicher wenig bedeutende Küstenort liegt so 40-50 km westlich von San Sebastian. Da Ulla schon bei einer Rast in Frankreich an einer Tankstelle in weiser Voraussicht einen Stellplatzführer für Spanien (ja, so was gibt's!) gekauft hatte, wissen wir auch schon genau, wo wir nächtigen werden. Was steht da nämlich? Die genauen Koordinaten für den Mutriku-Stellplatz. Was steht da nicht? Dass die Abfahrt runter in den Hafen auf einem Sträßchen mit gefühlten 100% Gefälle erfolgt. Das wären 45°, ich glaube so ganz viel fehlt da nicht. Aber runter im 1. Gang und mit Bremse - das geht ja. Ich denke eher an morgen... Ansonsten: Ja, hier passt alles: Ein riesiger Parkplatz, direkt am Hafenbecken, im hinteren Teil ist alles leer. |
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Wir schlendern mit den Hündchen ums Hafenbecken, sie sind's zufrieden, wir auch. Das wird eine ruhige Nacht werden, da sind wir uns sicher. Das Wetter hat sich ebenfalls beruhigt, und wenn es nicht schon so spät wäre, würde jetzt sogar die Sonne scheinen, so hat sich der Himmel aufgeklart. Wir schlafen wie die Murmeltiere. |
So, heute werden wir
weiter nach Comillas fahren. Das liegt in Kantabrien. Es gibt einen Stellplatz in Comillas. |
Schon längst hat Ulla
unser Navi mit den Koordinaten des Stellplatzes gefüttert, denn deren Angabe
ist heute Standard in jedem Stellplatzführer. Was steht da noch? "Bei Ankunft auf dem Platz im Büro der Guardia auf der anderen Seite des Platzes melden und sagen, dass man dort übernachten will." Kann uns nur recht sein, wenn die Herren nächtens einen Blick auf unser BABY haben. Und was erleben wir? Dass die Koordinaten überhaupt nicht stimmen. Zielsicher lassen wir uns von unserem Navi durch den kleinen Ort lotsen und landen schließlich an einer geöffneten Schranke direkt am Hafenbecken. Überzeugt, dass wir hier richtig sind, nicke ich der Dame, die uns mit hoch erhobenen Armen vom Weiterfahren abhalten will, besserwisserisch zu und fahre durch die geöffnete Schranke. Der Mann dahinter schüttelt den Kopf, er kriegt von mir ein Lächeln, ich ernte weiteres Kopfschütteln... Es nutzt auch nix, dass ich dem Mann den Guide aus dem Fenster halte und mit dem Finger auf die Koordinaten tippe. Dann stutze ich und sehe, warum die beiden so reagiert haben. Die Straße ist überhaupt keine Straße mehr, sondern ein Kai. Weiter vorn so schmal, dass ich nicht mal wenden könnte. Und zu Ende ist sie auch. Ich lasse es mir nicht nehmen, steige aus und mache ein Foto. Rechts hinter dem BABY siehst du die Schranke, die eindeutig n i c h t den Stellplatz absperren soll. |
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Ich
steige wieder ein und rangiere rückwärts aus der Mausefalle hinaus; und der Mann
von
gerade gibt mir ein Zeichen, dass ich ihm folgen soll. Er schließt die Schranke, steigt in sein Auto, fährt langsam durch den halben Ort zurück (Gott sei Dank nicht den Berg rauf) und gibt mir dann aus dem fahrenden Auto ein Zeichen, dass ich nach links abbiegen soll. Ich hupe kurz zum Dank, er macht das "Facebook-gefällt-mir-Zeichen" und fährt weiter. Sicher sind wir nicht die ersten, die auf die falschen Koordinaten reingefallen sind... So landen wir auf der anderen Seite des Hafenbeckens. Da ist dann auch die Guardia Civil. Da geh ich rein, frage den mit einem Stift in der Hand über seine Papiere gebeugten Uniformierten in meinem besten Spanisch, ob wir hier über Nacht bleiben können. Was machst du, wenn dich ein Wildfremder fragt, ob er z. B. die Schuhe seines Bruders anziehen darf? Ja, das macht der Mann auch. Er zieht die Schultern kurz hoch, nickt und schüttelt gleichzeitig den Kopf, breitet die Arme ein wenig aus und widmet sich wieder seinen Formularen. Ich bin entlassen. Sicher sind wir auch hier nicht die ersten, die diese überflüssige Frage gestellt haben. |
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Schließlich treffen wir
unsere beiden englischen Freunde, die sich wie doll auf Yago freuen und ihn
überhaupt nicht mehr loslassen wollen. Aber ein Abschiedsfoto auf Ullas Arm muss natürlich sein - und unser Versprechen: Auf der Rückfahrt kommen wir bei euch vorbei und schauen, wie sich der Kleine in der Zwischenzeit gemacht hat! |
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Am nächsten Morgen
weckt uns die Sonne.
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