ÜBERWINTERN
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Von
Torrox ist es bis Malaga über die A 7 fast nur ein
Katzensprung. Vor Malaga geht es auf die N 331 erst nach Norden bis Antequera, dann weiter im Linksbogen über Estepa, Osuna und Arahal nach Sevilla. In Sevilla fangen wir an, nach der Gasstation zu suchen, an der wir unseren Gas-Festtank auffüllen lassen wollen. Es ist putzig, mit einem großen WOMO durch eine Stadt wie Sevilla zu fahren und nach etwas zu suchen, was es augenscheinlich nicht gibt: Der freundliche Taxifahrer, den ich nach einer knappen halben Suchstunde einfach anhalte, beschreibt exakt die Stelle, an der wir noch vor ein paar Minuten waren und an der außer einer riesigen Baustelle (was auch sonst?) nichts zu sehen ist. Ich drehe mich um, da kommt eine junge Familie, er hat das fast Neugeborene auf dem Arm, seine Frau beschaut sich eine Schaufensterauslage. Ihn frage ich nach der Straße, ihren Namen habe ich ja, er nickt sofort, drückt seiner Frau wortlos den meckernden Nachwuchs in den Arm und marschiert los zur nächsten Kreuzung. Wortreich wedelt er mit der rechten Hand in der Luft herum und meint damit die Richtung, in der irgendwo mein Ziel sein muss; ich verstehe so was wie 300 m, dann links..., dann "obras", also Bauarbeiten... und dann wäre da die Straße, die ich suche. Oh ja, das ist sie. Er meint die Örtlichkeit, an der statt meiner Gastankstelle die riesige Baustelle ist. Strahlend bedanke ich mich, ich bin so schlau wie zuvor. |
Ich gehe um 3 Häuserblocks zurück, in der Hoffnung, doch noch auf die verborgene Gasquelle zu stoßen und sehe statt dessen in etlicher Entfernung ein riesiges Entsorgungsunternehmen; Müllfahrzeuge noch und noch. Dort bin ich richtig, die wissen das, wer sonst? Ich hole das BABY und wir fahren trotz Einfahrverbots frech durchs Portal auf den Platz. Die Spanier sind grundsätzlich sehr freundlich und hilfsbereit, wenn man sie etwas fragt. Auch die erst 2, dann 4, dann 7 Müllmänner, die sich nach einer halben Minute um mich versammelt haben; sie diskutieren eifrig, wie man an ein Ziel kommt, das offensichtlich keiner von ihnen kennt. Nur zugeben tut es keiner. Vielleicht wäre das ja aus spanischer Sicht unhöflich, ich weiß nicht. Schließlich schält sich einer von ihnen heraus, offensichtlich ein Mann mit Autorität, denn die anderen sind sofort still, er winkt, ich soll ihm mit dem BABY wieder nach draußen folgen. Ich werfe ein "grazias" in die Runde und will einsteigen. Die beiden Männer, die in der Aufbautür unseres BABY stehen und unter lautem Hundegebell lange und anerkennende Blicke ins BABY-Innere werfen, machen mir Platz, wir fahren raus zu dem Herrn mit der Autorität, der mir dann, richtig: den Weg zu der Baustelle beschreibt. Da ich zwar die genaue Anschrift der Gasstation habe, es diese offenkundig aber nicht (mehr) gibt, weil sie, ganz klar: den gefräßigen Baggern zum Opfer gefallen sein muss, geben wir es auf. Wir sind ja ohnehin auf dem Weg nach Portugal, ins LPG-Schlaraffenland. |
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Weiter
also über die schön ausgebaute A 49 (E 1) nach Westen, bis zur Abfahrt auf
die A 483; ab hier geht es wieder nach Süden. Im Bogen haben wir den
riesigen Parque Nacional de Donana umrundet und damit auch das
Mündungsgebiet des Rio Guadalquivir. |
Vorbei
an Almonte, dann noch mal ca. 15 km, wir kommen nach El
Rocío. Von El Rocío haben wir schon gehört: Der Ort, ausschließlich versehen mit Straßen aus Sand, mit Unmengen Pferden und mit einer wunderschönen Kirche, ist einer der bekanntesten Wallfahrtsorte Südspaniens. Zu Pfingsten erwacht das 800-Seelen-Dorf, dann geht es 3 Tage lang rund bei der Romeria del Rocío, der berühmtesten Wallfahrt Andalusiens. Wir sehen hier alle naselang Caballeros jeglichen Alters, nicht per Motorrad oder PKW, sondern per Pferd; und wenn du dir auch die Autos als Pferde vorstellst, der Western-Look wäre perfekt. |
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Trockener
Sand lässt sich abklopfen, zusammenfegen, aufsaugen. Aber nasser Sand
klebt wie angewachsen und lässt erst los, wenn ihm die Feuchtigkeit
entzogen wurde. In unserem Fall wäre das im BABY. Wir verzichten auf einen Spaziergang mit den Hunden. Ulla steigt aus und geht um die Pfützen herum zum Eingang der wunderschönen Kirche. Ich hüte derweil das Haus. Das heißt: Ich will. Kaum ist sie weg, steht ein älterer Mann mit zur Farbe der Kirche passender (Dienst-)Mütze u n d Ausweis am Revers am BABY und klopft. Er macht mir klar: Parken ist hier nicht. Auch die 5 Euro, die ich ihm anbiete, bleiben wirkungslos - er ist sicherlich fromm, wie alle El Rocíoner, aber er ist ebenso unerbittlich. Ich muss hier weg. |
El Rocío |
Natürlich
bin ich darüber ungehalten, schließlich will ich hier ja nicht
übernachten: aber letztlich kommt mir das sogar zupass: Den richtigen Blick auf El Rocío hast du nämlich erst, wenn du auf der A 483 außen dran vorbei fährst und nach ca. 500 m anhältst. Ich mache das, während Ulla die Kirche besichtigt und bin zurück, als sie wieder heraus kommt. Da der Unerbittliche schon wieder auf mich zusteuert, fahre ich mit erhobenen Händen an ihm vorbei die Hauptstraße entlang. Alles Sand, nasser Sand. Wir fahren weiter. |
Schmuckstück: die Wallfahrtskirche von El Rocío |
Wieder einige Kilometer fast schnurgerade und immer am Rand des Naturparks entlang, dann nähern wir uns Matalascanas. Der Urlauberort direkt an der Costa de la Luz schaut bei dem bedeckten Himmel trüb drein. Wir halten auf einem Parkplatz, dort steht ein deutsches WOMO, der Fahrer ist sehr hilfsbereit bei der weiteren Planung. Er empfiehlt uns, auf der küstennahen A 494 nach Mazagon zu fahren. Das Hafenstädtchen sei ganz reizend und übernachten könne man dort ebenfalls problemlos.
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"WIE - WO -WAS..?? JAAHAA!!" |
Auf
der Av. de los Conquistadores kommen wir direkt zum Hafen. Wieder nur ein einsames WOMO; steht dort auf einem Parkplatz, keine 10 Schritt vom Hafenbecken entfernt, gleich nebenan das Sanitärgebäude für die Bootsfahrer. Der Einzelfahrer, wiederum ein Deutscher, ist ein ganz netter. Das Sanitärgebäude ist nicht verschlossen, er zeigt uns die Duschen und Toiletten; eine Waschmaschine und ein Trockner stehen ebenfalls dort. Nach kaum 10 Minuten rödelt unsere erste Wäsche, während ich unter der Dusche stehe. Auf der gegenüberliegenden Hafenseite fällt uns ein Schiff auf, schwarz und namenlos liegt es am Kai. Ist wohl ein Nachbau der legendären Santa Maria, mit der weiland Columbus die Fahrt über den Großen Teich gemacht hat und zufällig Amerika entdeckte. Du meine Güte, mit so einem kleinen Schiff von gut 20 m Länge und 7 m Breite quer über den Ozean ins Ungewisse zu schippern, ohne Karten, Funk oder gar GPS, erforderte schon einige Tollkühnheit - mit Mut kann man das eigentlich nicht mehr bezeichnen. Das Schiff - eine Galone übrigens - hat sogar die volle Takelage und könnte jederzeit in See stechen. Vielleicht macht sie das auch, woanders ist das jedenfalls Realität: |
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Ich
hab irgendwo gelesen, dass seit 1997 vor Madeira ein leibhaftiger
Nachbau der Santa Maria kreuzt und den etwa 100 Touristen an Bord das
"Santa Maria-Pinta-Nina-Feeling" à la 1492 vermittelt. Wir fahren per Roller auch mal hinauf in das Städtchen. Aber das ist nicht unser Ding und irgendwie sehr langweilig. Immerhin finden wir auf der anderen Ortsseite einen Supermarkt, in dem man so leidlich einkaufen kann. Aber so richtig gefällt uns das nicht und wir sind froh, als wir wieder unten im Hafen sind. Was uns prima gefällt: Die eine der 4 oder 5 Hafenkneipen. Wir wollen da was essen, aber außer Tappas gibt es um diese Uhrzeit nichts. Und da wir so richtig Hunger haben, gehe ich an die Theke und zeige auf die 6 Tappas-Teller, die dort in der Vitrine ausgestellt sind. Dem Wirt sage ich, auf jeden der Teller nacheinander deutend: "Dos - dos -dos..." und meine damit, er soll uns jedes Mal 2 Stück davon bringen, eins von den Dingern für Ulla, eins für mich. Nach einer Weile kommt er mit vier Tellern, auf jedem vom ersten Vitrinen-Teller 5 oder 6 und vom zweiten Vitrinenteller 5 oder sechs... Wir hauen noch rein, da kommt er schon mit den nächsten 4 Tellern: je zweimal von Vitrinenteller 3 und 4... Dann noch mal das Spiel mit dem Inhalt von Vitrinenteller 5 und 6. Hast du mitgezählt? Wir spachteln also insgesamt 12 Teller Tappas und sind nachher so pappsatt, dass sogar eine gute Mahlzeit für die Hündchen übrig ist, die wir ihnen mitnehmen. |
Wanderung auf der Kaimauer |
"Fischlein,
Fischlein dort im Teich, warte nur, ich komme gleich..." |
Gegen
Mittag fallen Sturzbäche, gegen die das in
Torrox ein milder Mairegen war. Alle Luken sind dicht, es wird stockfinster
und vor lauter Prasseln verstehen wir unser eigenes Wort nicht mehr. Nach einer guten halben Stunde sehen wir wieder Land, die Drainage funktioniert hier am Hafen gut, und nach weiteren 30 Minuten ist das meiste Wasser schon abgeflossen. |
Das ermutigt uns, nach einer weiteren Stunde den Roller zu trocknen und mal einen Abstecher nach Huelva zu machen. Huelva hat von allem was: Das Flair einer Universitätsstadt, Grünanlagen und Parks eines Kurorts, den typischen Geruch einer Hafenstadt und quirlig bis gemütliche Flaniersträßchen mit jeder Menge Cafés und Snack-Bars. Aber leider auch Regen. Wir kommen leicht angenässt wieder zum BABY. Morgen wollen wir auf jeden Fall weiter fahren. |
Irgendwo
in Punta Umbria, an "Land's End" sozusagen, soll auch ein Stellplatz
sein. Den suchen wir am nächsten Tag, als wir weiter Richtung Portugal
fahren, aber ohne Erfolg. Wir gurken durch engste Sträßchen und machen in
Sackgassen kehrt. Haben wir das nötig?? Wir folgen also wieder der kleinen Straße A 4103 bzw. 5052, dicht entlang der Küste, kommen durch Portil und noch ein oder zwei Käffer und landen in El Rompido. Darüber sind wir doppelt froh: Einmal haben wir das schlechte Wetter hinter uns gelassen, und dann ist es hier so heimelig, dass wir spontan beschließen: Hier bleiben wir ein-zwei Tage. |
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Der Strand hat eine Breite von über 100 m. Viele der kleinen und leicht angejahrten Boote liegen auf dem Sand. |
Erst als die Flut kommt, haben sie wieder die bekannte Handbreit Wasser unterm Kiel. |
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Wegen
des doch ziemlichen Tidenhubs und des flachen Strandes sind die
Anlegestellen weit draußen, wo das Wasser tief genug bleibt. Dabei liegt
El Rompido, streng genommen, nicht mal direkt am Meer, sondern an der
geschützten Mündung des Rio Piedros, der sich zwischen dem Ufer und
einer lang gezogenen Sandbank parallel zum Ufer ins Meer ergießt. Ich raffe meine paar Brocken Spanisch zusammen und gehe in die Kommandantur um zu fragen, ob wir mit unserem WOMO eine oder zwei Nächte hier stehen dürfen. "No!" Der Aufenthalt von WOMOs ist hier nicht erwünscht. Aber auf dem Platz nebenan, das sei kein Problem. Ja gut, das stehen wir ja bereits. |
Herrliche
Ruhe herrscht hier im fast ausgestorbenen El Rompido; nur zwei WOMOs
verirren sich zu uns auf den Platz, fahren dann aber nach einer Pause
weiter. Das machen wir erst am übernächsten Tag, nachdem wir den Ort und den lang gezogenen Strand mit den Hündchen zusammen erkundet haben. Letzte Station vor Portugal soll eigentlich Isla Christina sein. Da die Regenfälle der letzten Tage hier an den beiden Stellplätzen noch tiefe Pfützen hinterlassen haben, entscheiden wir uns kurzfristig, die Grenze nach Portugal zu überfahren und erst mal Gas zu tanken. Und dann mal sehen... Erst geht's wieder nach Norden, weil der Rio Piedros hier keine Brücke hat. Bis nach Cartaya, dort auf die N 431 und dann auf die A 49 (E 1). Die geht direkt nach Portugal, über den Grenzfluss Rio Guadiana. |
unser Stellplatz in El Rompido |
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