ÜBERWINTERN
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Was
macht eigentlich der WOMO-Reisende, wenn er einen neuen Stellplatz gefunden hat? Das ist unterschiedlich, je nachdem, welcher Kategorie er angehört: Der Fernseher. Kommt mit dem Kopf im Nacken, um festzustellen, wo Süden ist. Süden ist da, wohin die Sat-Schüsseln der anderen ausgerichtet sind. Wenn kein Baum, Haus oder Gittermast im Wege steht, ist der Platz gebont. Der Anti-Fernseher. Hat keinen, will auch keinen. Ihm ist es also wurscht, wo Süden ist. Falsch! Er ist sonnenhungrig, deshalb parkiert er so, dass er beim Aussteigen der Sonne direkt in die Arme läuft. |
Der "Jetzt-komme-ich". Staubt mehrmals mit dem WOMO kreuz und quer über den Platz und erkundet ihn bis in die kleinste Ecke. Steht am Schluss quer ganz vorn und verbaut anderen gnadenlos die Sicht. Der Individualist. Quetscht sich in die einsamste Ecke, bleibt drinnen sitzen, anonym. Ansprechen zwecklos, du kriegst keine oder eine unfreundliche Antwort. Der Ängstliche: Fährt im Zeitlupentempo auf dich zu, stellt sich Tür an Tür zu dir oder rangiert sich fast in deinen Auspuff. Die Ausnahme. Stellt sein Fahrzeug in angemessener Entfernung von dir ab, kommt rüber, grüßt freundlich und fragt, ob es dich stört, wenn er da stehen bleibt. |
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So
ganz verschont von Hochhäusern hat man Torrox Costa zwar nicht, aber wenn
man den Vergleich zieht, ist es ein Waisenknabe gegen die unbeschreibliche
Bau-Höhensucht anderer Touristenstädte, z. B. Benidorm, dem Manhattan
Spaniens. Du findest in Torrox Costa unmittelbar vorn an der Küste auch ein- und zweistöckige Gebäude mit großen Grünflächen rundherum, Blumengärten, und sogar künstlich angelegten Rinnsalen, die über mehrere Grundstücke verlaufen; das Wort "idyllisch" ist hier nicht übertrieben. |
Der
Strand von Torrox Costa hat dunklen, mit weißen, oval abgeschliffenen, Kieselsteinen
durchsetzten Sand. Ihn hat es kurz vor unserem Eintreffen ganz schön
gebeutelt: Das aufgewühlte Meer hat ihn sich fast auf der gesamten Länge der Promenade zurück geholt - samt diversen Palmen, die man dort vor Jahren gepflanzt hatte. Diese wurden gerade von der örtlichen Feuerwehr aus dem Wasser geborgen und zur alsbaldigen Wiederverwendung am Strand gelagert. |
Auch Toilettenhäuschen, Duschen, Treppen und Buden, Tische und Stühle - alles landet im Meerwasser und wird mittels Bergungsgerät an Land geholt. Vor Jahren soll eine holländische Firma ein Angebot gemacht haben, um den Strand weiträumig vor derlei Unbilden zu schützen. Die Kosten dieser Maßnahme wären in die Aber-Millionen gegangen, drum hatten die Stadtväter von Torrox dankend abgewunken. Inzwischen hätte sich das Unterfangen möglicherweise gelohnt, denn der Strand wurde heuer nicht zum ersten Mal verwüstet. |
die Strandpromenade Torrox vom nördlichen Ende gesehen |
Das
stürmische Wetter täuscht etwas darüber hinweg: Torrox rühmt sich des
mildesten Klimas in Europa. Steht offiziell auf mehreren Schildern entlang
der Promenade. Bin skeptisch... Auch das ist übrigens ein Phänomen: Bei jeder Zwischenstation, angefangen von Vilanova oben bei Barcelona, bis hier unten und auch noch weiter: Immer wieder triffst du auf Leute, die 'wissen', dass genau dort, wo sie den Winter verbringen, das mildeste und regenärmste Winterwetter in ganz Spanien und Portugal herrscht. Die Glücklichen. Deshalb denkt man, auch hier in Torrox Costa ist das etwas geflunkert; so lange wir hier sind ist es jedenfalls windig bis stürmisch, aber wenigstens ist es trocken. Bis jetzt. Und da du nicht an mehreren Orten gleichzeitig sein kannst, ist die Beurteilung wohl auch immer, sagen wir, subjektiv. Anfangs sagte ich es ja schon: Wir stehen mit dem BABY auf einem ansehnlich großen Parkplatz. Es gibt Wasser und eine Entsorgung, alles paletti. |
Wetter hin - Wetter her: Wasser braucht man immer |
Haupteingang des RIU |
Und
gleich nebenan steht ein Hotel der RIU-Kette.
Vielleicht gibt's ja Leute, die sich einmal in einem solchen Hotel erholen möchten. Auch wenn sie mit ihrem WOMO unterwegs sind; warum nicht? |
Als Touristenhochburg hat Torrox Costa jede Art von Geschäften, du kriegst alles, was du zum Leben brauchst; es gibt sogar zwei deutsche Bäcker, von denen einer die schmackhaftesten Brötchen macht, die wir je verzehrt haben. Überhaupt hast du den Eindruck, die Hälfte aller über 65-Jahrigen Deutschen verbringt ihre Zeit hier in Torrox (die andere Hälfte ist ja per WOMO unterwegs). Auf der Promenade und im Ort hörst du allenthalben deutsche Tön. |
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Deutsche
Tön auch in den zahlreichen Cafés und Restaurants. Wir gesellen uns in einem
Eiscafé - italienische Führung - dazu und sind im Handumdrehen mit einer
Dame am Nachbartisch im Gespräch. Sie kommt schon seit mehr als 15 Jahren jedes Jahr hierher und kennt sich sehr gut aus. Von ihr haben wir den Tipp, mal nach Torrox zu fahren, also etwas ins Hinterland. Torrox Costa ist nur der moderne Ableger davon. Das steht dann auch auf unserer Agenda für morgen. Jetzt gönnen wir uns erst mal ein anständiges Eis und pfeifen auf Kalorien. Die kriegen wir schon wieder runter. |
Die
Gelegenheit dazu haben wir schneller als gedacht:
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Am
folgenden Tag rollern wir bei einigermaßen Sonnenschein bergauf; noch eine
Kurve und ein
Kreisel, wir sind am Ortsrand von "Alt"-Torrox. Es ist eine blitzsaubere alte Stadt, die trotzdem unaufhörlich wächst - wie das in Spanien ja allerorten der Fall ist. Wir besuchen eine alte Kirche und haben von hier einen weiten Blick quer über die Autobahn hinunter auf die moderne Schwester am Meer. Dann wollen wir noch weiter ins Landesinnere, was sich als endlos erscheinendes Unterfangen darstellt. Noch eine Kurve, noch eine, du kennst das vielleicht vom Wandern in den Bergen: Vom nächsten Berg aus hast du d i e Sicht. Dann bis du oben und stellst fest, dass es da einen noch höheren gibt. Gut, den noch, aber dann... usw. Wir brechen nach ca. 10 km ununterbrochener Steigung und "die Kurve noch, die noch, die noch..." ab, machen kehrt und fahren dunklen Wolken entgegen. Mit den ersten Regentropfen seit Wochen sind wir am BABY, da hört es auch schon wieder auf zu dröppeln. |
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Blick Richtung Torrox Costa von der kleinen Kirche in Torrox aus |
Es
hat den 18. Jänner, da kommt ein Unwetter runter, das alles nachholt, was
wir in den letzten Wochen versäumt haben. Innerhalb einer knappen
Viertelstunde steht alles unter Wasser, was einigermaßen eben ist. Wir bleiben hübsch drinnen und sehen zu, wie sich das Wasser seine Bahnen Richtung Strandpromenade sucht, sich dort über Treppen und durch Mauerlücken auf den Strand ergießt und sich ein eigenes Bachbett schafft. |
Nach ein paar Stunden ist alles wieder begehbar, einige Pfützen größeren Ausmaßes bleiben noch, aber es sind schon wieder die ersten Jogger auf der Promenade unterwegs. Trotzdem, das Wetter will nicht so richtig. Wir rüsten nach weiteren 2 Tagen für die Weiterreise. |