Die "andere" Jahreszeit

Die Serra da Estrela
 

 

 

 

Eins muss ich aber doch noch erwähnen:

Da wir ja sozusagen in Kirschen nur so schwelgen und wir immer wieder neue Möglichkeiten prüfen, die saftigen Früchtchen haltbar zu machen, kommt jetzt unser "Agua diente" ins Spiel. Du erinnerst dich: Wir hatten 5 Liter davon an der Algarve gekauft, die stehen immer noch unverrichteter Dinge in einer der Ladeklappen.

Der erste Teil der Verarbeitung ist immer der gleiche:

Hartmut pflückt einen ordentlichen Vorrat Kirschen und entsteint sie. Hierbei  darf diesmal ruhig der eine oder andere Stein mit hineinrutschen, soll gut für's Aroma sein.

Das einfache Rezept:

1 Teil Agua diente, in diesem Fall also Feigenschnaps
1 Teil Kirschen
1/2 Teil Zucker

 



das angesetzte Produkt


 

Alles kommt in eine 5-L-Wasserflasche, ab 3 Wochen Ruhezeit: Genießen.

Dies ist nahezu die höchste Form der Kirschverarbeitung.

Lionel, den du ja schon kennst, hat da noch ein anderes Feuerwasser: Medronho (sprich: "Medronjo"), natürlich selbst gebrannt. Der wird aus den etwas stacheligen Früchten des Erdbeerbaums 'gebraut'. Ist eine Heidenarbeit, bis du genügend dieser süßlich schmeckenden Früchte gesammelt hast; entsprechend ist der Medronho auch gar nicht so ganz billig.

Da wir uns auch davon ein paar Liter bei Lionel gekauft haben, wird ebenfalls eine Wasserflasche damit angesetzt. Als Parallelversuch sozusagen. Leute, da kommen Zeiten auf uns zu!

Ganz am Ende ist nur noch folgende allerletzte Stufe in der Kunst der Kirschveredelung möglich:

Du gibst jede Menge Kirschen in einen Bottich, zerstampfst sie so gut es geht und lässt sie für mehrere Wochen stehen. Sie werden anfangen zu gären, der Zucker verwandelt sich in Alkohol. Wenn Ruhe im Bottich einkehrt, ist der Moment gekommen:

Du baust deine Destille auf, die kriegt man in Portugal auf einem der vielen Wochenmärkte zu erschwinglichem Preis, drum hat so was auch jeder hier. Auch Hans Georg und Rosita natürlich. Die Portugiesen sind mit dem Privatbrennen überhaupt nicht pingelig. In D kriegst du, wenn ich recht informiert bin, keine Destillationsapparatur über einen halben Liter Inhalt. Bei größeren Apparaturen kreischt der Zoll.

 

 

Dann kannst du anfangen, den Ansatz "veredeln".

Den Bottichinhalt in den Kupferkessel geben, Kühlung anschließen, dann vorsichtig erhitzen. Ideal, wenn du ein Thermometer hast, das idealerweise konstante 78 °C anzeigen sollte.

Was da nach einiger Zeit tröpfchenweise herauskommt (die ersten Milliliter sind Fusel, den man verwirft) ist ca. 96%iger Alkohol. Den kann natürlich kein normaler Mensch konsumieren. Aber was heißt das schon?
Wir probieren natürlich. Und obwohl nur einen "wönzigen Schlock": Speise- wie Luftröhre sind sofort wie leergefegt, die Augen tränen und weiten sich, die Gesichtsfarbe nimmt ein bedenkliches Rot an. Dann kriegst du wieder Luft.

Jetzt kannst du dir überlegen, was du damit anstellst. Verdünnen und dann trinken? Eher nicht.

Georg will ihn zum Aufsetzen mit anderen seiner zahlreichen Gartenfrüchte nehmen. Vielleicht fällt ihm oder Rosita im Lauf der Zeit auch noch was anderes ein, aber der Anfang klingt doch schon verheißungsvoll. Und:
Es macht einen unabhängig von Medronho, Agua diente & Co. :-).



fachmännische Verkostung des ersten Destillats


 

Natürlich können wir nicht ewig hier in Vales bleiben, so schön und abwechslungsreich das hier auch ist.

Rosita und Georg empfehlen uns, die Serra da Estrela zu besuchen; sie kennen da einen Rundkurs um den höchsten Berg Portugals, den Torre, mit wunderschönen Panorama-Ausblicken.

Die Sera ist nur einen "Steinwurf" entfernt. Die Tour geht um bzw. durch ein Naturschutzgebiet:

Von hier nach Castelo Branco, von da auf der Autobahn nach Norden und Abfahrt bei Nr. 33, Belmonte, wieder runter.

Westlich davon kannst du auf der Karte eine gewundene Straße sehen, die N 232 von Belmonte nach Valhelhas - Sameiro - Manteigas - Pousada de S. Lourenco - Gouveia - dort links über Moimenta da Sera und Sta. Marinha nach Seia - dann gen Osten nach Sabugueiro - da auf die N 339 zum 1993 m hoch gelegenen Aussichtspunkt am Torre.

Dann nach ein paar Kilometern links auf die N 338, die direktemang wieder nach Manteigas hinunter führt.


 



erster Halt irgendwo unterwegs zwischen Vales und Castelo Branco


 



wer hat den Stein so gefährlich da drauf gelegt!?

 

Klingt nach einer tollen Runde, deshalb: Gebucht. Wenn du interessiert bist, schnappst du dir am besten eine Karte, sonst wirst du womöglich den Überblick verlieren.

Wir brauchen für diese Runde 7 Tage. Warum? Na guck mal...

Der erste Teil der Strecke in Zeitraffer:

Von Vales nach Castelo Branco geht es "olga-wolga" rauf-runter-links-rechts, aber auch mit hübschen Streckenabschnitten.

Die anschließenden etwa 100 km Autobahn sind nicht weiter aufregend. Abfahrt 33 runter, vorbei an Belmonte, nach Valhelhas.
Wir sind fast am Ortsausgangsschild, da zeigt Ulla nach links, da ist ein Camping. "Nur mal sehen!"

Der "Parque de Campismo Rossio de Valhelhas" kennt keine Parzellen, da wo du stehst, ist dein Platz. Einzige Bitte des Inhabers: Nicht näher als 2 m dem Nachbarn auf die Pelle rücken. Wie mir das aus der Seele spricht!
Wir haben den halben Camping für uns, kein Nachbar weit und breit, gleich außerhalb des Zauns geht ein Fluss vorbei.
Toll, Fischchen für Carissima, sie hat ihn schon erspäht.

Es ist inzwischen sehr warm geworden, drum sind wir für den Schatten dankbar, den die riesigen Kronen großer Bäume werfen. Und die Hündchen freuen sich über das kühle Bad im Fluss.

Uns gefällt es, wir bleiben 2 Tage, der Tag kostet 9,00 Euro, 'all inkluusiff'. So sind sie, die portugiesischen Campingpreise.


 

Auf der N 232 fahren wir zwei Tage später weiter nach Manteigas. Dahinter wollen wir eigentlich nach links, auf der N 338 hinauf Richtung Torre. Ist nicht, es steht ein einfaches Sperrschild auf der Straße, ohne Angabe von Gründen.
Also kehrt, wieder durch das enge Manteigas zum Ortseingang.
Da geht nämlich eine steile und kurvige Alpenstraße hinauf zur Pousada de S. Lourenzo.

Wir wollen unser BABY schonen und zockeln im ersten Gang hinauf, die Jungs von der Tour de France wären sicher schneller. Aber wir wollen ja nicht gewinnen, nur ankommen.

Das tun wir auch, eine dreiviertel Stunde später sind wir an der beeindruckend großen, momentan aber kaum belebt wirkenden Pousada de S. L.

Pousadas sind Hotels mit einem ganz besonderen Ambiente und Flair, sie befinden sich in der Regel in ehrwürdigen Gebäuden wie alten Klöstern, Burgen oder Schlössern und in landschaftlich reizvoller Gegend. Oft sind sie in Staatsbesitz.



unsere "Pousada" steht mal hier, mal dort, aber immer in einer reizvollen Gegend


 



Mittagspause - irgendwo vor Gouveia


 

Wir halten an, wo es uns gefällt, das ist so im Schnitt jede Viertelstunde einmal. Du kannst dich gar nicht satt sehen an dieser Landschaft, die übrigens überraschend grün ist.

Irgendwo holen wir Tisch und Stühlchen raus und machen Mittag. Es ist absolut still hier oben, du hörst weder Motoren noch - und das ist schon merkwürdig - Vogelgesang.

Wie auch schon an der Küste, ist die Pflanzendecke bunt.
Leider hat sich die Sonne etwas hinter einer Dunstwolkenwand verkrümelt; so ist die Weitsicht doch arg eingeschränkt, obwohl das, was man zu sehen kriegt, auch so noch ausgesprochen beeindruckend ist.

Schließlich kommen wir nach Seia, das Sträßchen von Gouveia bis hier ist mehr als erbärmlich, wir wären besser von Gouveia aus noch die 5 km weiter bis zur N 17 und erst dann links gefahren.

Und in Seia stößt unser BABY aber wirklich an die Grenzen seines Klettervermögens. So was haben wir bis dato noch nie gefahren. Eine Straße, so steil, dass du schon als Fußgänger unwillkürlich ans Anseilen denkst.

Buchstäblich mit allerletzter Kraft schaffen wir die Steigung, und oben angekommen geht es auch noch in einer besch... scharfen und unübersichtlichen und steilen Rechtskurve auf die Straße Richtung Sabugueiro. Der nette Mensch, der da gerade von rechts kommt und Vorfahrt hätte, fährt einige Meter rückwärts. "Obrigado!" Ist kein Schimpfwort, sondern heißt "Danke!"

Natürlich geht es weiter steil bergauf, aber jetzt vielleicht nur noch 14%.

 



gelbe Töne überwiegen


 



wieder einer der vielen blauen Stauseen im Naturschutzgebiet


 

Wasser gibt es hier oben reichlich, immer wieder sind wir erstaunt über die vielen Seen; einige sind natürlichen Ursprungs, einer aber ist ein richtig ausgewachsener Stausee mit Riesenmauern.

Gewöhnlich hat eine Talsperre nur 1 Staumauer - diese hier hat derer 3. Erinnern irgendwie an die chinesische Mauer.



die 3 Staumauern der Talsperre


 

In Strömen pilgern die mit Bussen herangeschafften Besucher über die breiten Mauerkronen.

An den Verkaufsständen kannst du Käse, Schinken, Wein, Lederwaren... kaufen.
Ansonsten: wie auf dem Drachenfels, nur ohne Esel.

 

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===> den Torre hoch und wieder runter